Mit den Hard'n'Heavys in Wacken
Wacken-Kuh

Impressionen vom W:O:A, 2. - 4. August 2001

Wacken-Kuh
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Teil 3: Erst Geknüppel und dann doch kein Rührei

Gesegnet seien Bitburger aus der Dose und Hasseröder aus dem Pfand-Plastikbecher. Zwar leicht gerädert, aber zumindest ohne Kopfschmerzen wache ich um 10.35 Uhr auf. Im Hintergund läuft ALICE COOPERs "Poison" in einer Lautstärke, als wollten die Hard'n'Heavys das gesamte Areal westlich von Wacken bis zur Nordsee mit ihrer Anlage beschallen. "Scheisse, ich wollte doch CRYPTOPSY sehen" geht mir durch den Kopf, bevor weitere fünf Minuten später mein Hirn soweit funktioniert, dass mir auffällt, dass ich CRYPTOPSY ohne weiteres noch sehen kann, wenn ich es schaffe, sofort aufzustehen. Also mache ich das. Gepriesen sei Otti, der mir noch zwei Brote mit Salami und Marmelade schmiert (ich konnte um die Zeit noch keine Essenswerkzeuge festhalten), welche ich auf dem Weg zum Gelände auch unfallfrei in meinen Magen befördere. Mit dabei sind Schwazze und Gisela, die sich von meiner Beschreibung ("CRYPTOPSY sind nach dem qualitativen Niedergang von DEMOLITION HAMMER die einzige richtige Knüppelband, welche vernünftige Songs schreiben kann ...") haben leiten lassen. In der Tat kann man die Songs auseinanderhalten, unter anderem wurde "Defenestration" gespielt, der Sänger sagte während des Auftritts etwa 825 mal "fuckin", und danach waren wir alle wach. Weitere Fragen?

Gute Stimmung im Hard'n'Heavys Camp Nach dieser Hirnspülung in Form von CRYPTOPSYschem Gekloppe ging es erstmal wieder zum Lager, wo der Grill mal wieder ausgegangen war. Rührei war auch alle, der Kaffee schmeckte nach ... äh, Kaffee, also sind wir direkt wieder auf Steaks und Dosenbier umgestiegen. Zwar mußte auch für die Steaks der Grill angeworfen werden, doch mit einem nur in der Bedienung an ein Feuerzeug, in der Funktion jedoch an einen Flammenwerfer erinnernden Feurzeug und einem Fön zur Sauerstoffversorgung der glühenden Kohle ließ sich dies relativ einfach bewerkstelligen. Auch unsere Lager-Nachbarn freuten sich, als unser Grill wieder an war, und im weiteren Verlauf des frühen Tages gab es eine Menge Organisatorisches zu erledigen: Das Club-Banner an einer improvisierten Fahnenstange aufhängen (wo es weithin sichtbar war und zur Überraschung aller auch den stärksten Windböen standhielt) war nur eine dieser Aufgaben. Hierbei sei erwähnt, dass Schumi und Schwazze zunächst drei Holzstangen mit Klebeband zusammenklebten, die das Banner als Fahne in etwa neun Meter Höhe befördern sollten, sie sich aber nach dem deutlich vernehmbaren "Knack" beim Versuch, die Fahnenstange aufzurichten, nach ungewohnt kurzer Diskussion auf lediglich zwei dieser Stangen (also etwa sechs Meter Höhe) einigten.

Weithin sichtbar: Das Hard'n'Heavy Banner Eine weitere Aufgabe war, die Plane gegen womöglich einsetzenden Regen wieder aufzuspannen und gleichzeitig das in der Nacht halb zusammengebrochene Jungvolk-Zelt wieder zu reparieren (Definition "Jungvolk":= fast alle Hard'n'Heavy-Clubmitglieder unter 30). Hierbei kam eine etwa vier Meter lange Eisenstange gerade recht, die Matze in der Nacht irgendwo aufgetrieben hatte und die nun als Firststangenverlängerung zwischen Jungvolk-Zelt und Schumis Transporter gute Dienste leistete. [Exkurs: Die Herkunft dieser Eisenstange wird wohl eines der großen ungelösten Rätsel des Festivals bleiben. Trotz intensiver Diskussion, einer eingehenden materialtechnischen Untersuchung ("Sieht aus wie 'ne Eisenstange.") und diversen Spähtrupps, die nach halb zusammengebrochenen Merchandise-Ständen und deren "Welches Arsch hat mir eine Eisenstange geklaut?"-fluchenden Besitzern Ausschau hielten, blieb der ursprüngliche Verwendungszweck dieser Stange im Dunkeln.]

Immer noch gute Stimmung ... auch wenn gerade nix auf dem Grill liegt. Desweiteren galt es natürlich auch zu verhindern, dass die mitgebrachten Biere wieder mit zurück genommen werden müssen. Also wurde unser großer wassergefüllter Bottich (Stichwort: Bierkühlung) regelmäßig mit neuen Bierdosen aus dem Transporter aufgefüllt. Dass dies auch aus gesundheitlichen Gründen angeraten war, musste Schwazze feststellen, der irgendwann ins Stolpern kam und beinahe mit dem Arsch im (zu dieser Zeit halt fast leeren) Bottich saß, es aber - dies nur der Vollständigkeit halber - irgendwie schaffte, der Schwerkraft zu trotzen und sich mit trockener Hose wieder aus dieser etwas unglücklichen Lage zu befreien.

"Der Matsch war schön warm ..." Ein Sprung in eben diesen wassergefüllten Bottich hätte dagegen vielleicht unseren drei Musketieren geholfen, ihre normale Hautfarbe wiederzubekommen. Die Jungs hatten es sich bei KRISIUN vor der Party-Stage bequem gemacht. Zur Musik haben sie eigentlich nichts erzählt, aber für "Der Matsch war schön warm." reichte die Berichterstattung allemal. Zwar soll es Leute gegeben haben, die sich von Kopf bis Fuß so weit einschlammten, dass man nicht mehr sagen konnte, ob Männlein oder Weiblein vor einem steht, aber als Verdacht, Oma und Mattes im Lager auftauchten, weigerten sich auf einmal alle beharrlich, von einem der drei umarmt zu werden ...

Positive Überraschung: TAD MOROSE Diese ungemein kreative Phase im Hard'n'Heavy-Camp dauerte vier Stunden, bevor wir uns auf den Rückweg zum Festivalgelände machten und mit TAD MOROSE eine weitere Überraschung erlebten. Ich hatte die Jungs relativ komplex in Erinnerung, aber live kamen sie unerwartet hart rüber. Melodischer Power Metal, wie man ihn besser kaum spielen könnte. Das honorierte das nicht sehr zahlreich - die Konkurrenz auf der Hauptbühne hieß ANNIHILATOR - erschienene Publikum auch. Dumm war nur, dass es in dieser Ecke des Geländes keine Dixie-Klos zu geben schien (wofür allerdings TAD MOROSE nichts können), und einem Mädel wurde partout der Zugang zum Pinkelrinnen-Wagen verwehrt. Da müssen die Wacken-Veranstalter noch dran arbeiten.

Genauso wie an der Information des Publikums über Programmänderungen. Irgendwas wurde nach dem Ende von TAD MOROSE auf der Hauptbühne ins Mikro gebrabbelt, aber verstehen konnte man nicht viel, so dass sich hier eine große Tafel neben dem Haupteingang als zusätzliches Informationsmedium anböte. Dafür kann man, abgesehen von dieser Programmänderung, dem Festival bescheinigen, dass der Zeitplan im Großen und Ganzen sehr gut eingehalten wurde. Die sogenannte Double-Mega-Stage hat sich als eine sehr gute Idee entpuppt, längere Umbaupausen prinzipiell zu vermeiden (auch wenn bei der Masse an Bands wohl eh niemandem langweilig geworden wäre).

RAGE traten auf einer Hälfte dieser Double-Mega-Stage auf. Ohne Orchester und mit unspektakulärem Programm. Unter anderem gab es wieder einen Mitsing-Teil in "Higher Than The Sky". Unspektakulär heißt natürlich bei RAGE nicht "schlecht", sondern "solide". Während einer Spielpause machte auch hier (wie schon in einem früheren Jahr) ein Metaller seiner Angebeteten einen Heiratsantrag, was aber ziemlich albern wirkte, da es am Rand der Bühne in 30 Sekunden erledigt wurde. Wenn man so etwas unbedingt öffentlich machen muss, sollte man auch dafür sorgen, dass es wirklich jemanden interessiert, d.h. man hätte dieses Spielchen als mehrere Minuten dauernden Event in der Mitte der Bühne inszenieren müssen. Oder gar nicht.

Danach ging es nur einige Meter weiter nach links zu SUBWAY TO SALLY, welche um 6 Uhr die andere Häfte dieser Double-Mega-Stage betraten. Ich muss zugeben, dass ich ihr Songmaterial nicht kenne, aber das, was ich gehört habe, klang nicht schlecht. Zu erwähnen auch, dass sie ein sehr gemischtes Publikum anzogen, vom kuttentragenden, schlammverschmierten Langhaarigen bis hin zu schwarzgekleideten Gothic-Mädels. Fazit: Gelungener Auftritt.

Danach gab es nur den Weg zur Party-Stage, auf der TANKARD gerade angefangen hatten, ihre Trinkerlieder von sich zu geben. Die zur Verfügung stehende Dreiviertelstunde füllten sie mit alten und nicht ganz so alten Songs wie "The Morning After", "Freibier", "Space Beer" oder "Empty Tankard". Gerre entpuppte sich hierbei mal wieder als Scherzbold ohnegleichen: Nicht nur, dass er das Mikro öfters gegen seinen recht massigen Bierbauch schlug (nicht ohne diesen vorher freizulegen), sondern auch mit der Ankündigung einer Coverversion, bei der schon jeder auf "Alcohol" wartete (das im späteren Verlauf auch tatsächlich noch gespielt wurde), er dann aber erstmal fortfuhr: "Okay, wir spielen jetzt 'Chemical Invasion' von TANKARD.". So ganz nebenbei bemerkte er zu GRAVE DIGGER, die von der Hauptbühne herüberschallten "Sag denen mal einer, sie sollen leiser machen." Alles in allem war es ein Auftritt mit hohem Spaßfaktor.

Danach fiel die Entscheidung schwer: NIGHT IN GALES, JAG PANZER oder IN FLAMES? Nach dem Motto "Wenn drei sich streiten, freut sich der vierte" entschieden wir uns für Abendessen im Hard'n'Heavys Camp, das neben Steaks und Würstchen auch einen halb kalten, halb angebrannten Gemüsetopf enthielt. Und natürlich Dosenbier. Und das Club-Banner war immer noch oben.

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