Manch einer mag sich wohl fragen, ob ein Review über AC/DC nicht vielleicht das Überflüssigste auf der Welt ist - ein Review über eine Band, die seit über 20 Jahren ein und denselben Song immer wieder schreibt. Naja, ganz so kraß ist es vielleicht nun doch nicht, und die Erfolge, die die Australier derzeit feiern (unter anderem ausverkaufte Konzerthallen trotz unverschämter Preise) beweisen nicht nur, dass AC/DC-Fans zuviel Geld haben, sondern auch, dass irgendetwas dran sein muß an ihrer Musik. Dieses "Irgendetwas" ist vermutlich einfach der unerhörte Minimalismus, mit dem diese Band ihre Vorstellungen von Hard Rock umsetzt. Ohne jetzt einem der Musiker seine Fähigkeiten absprechen zu wollen: AC/DC-Songs gehören nun mal zu denen, die jeder einigermaßen ambitionierte Hobbymusiker innerhalb kürzester Zeit nachspielen kann (von wenigen Ausnahmen mal abgesehen). Da ja nun jeder weiß, wie AC/DC klingen, beschränke ich mich denn - wie auch die Band - hier mal aufs Wesentliche: "Stiff Upper Lip" ist ein typisches AC/DC-Album geworden, nicht mehr und nicht weniger. Selbst die leisesten Ansätze von Weiterentwicklung, die sogar Bands wie MOTÖRHEAD hin und wieder erkennen lassen, sucht man bei den Jungs von down under vergeblich. Bis auf den Titelsong enthält diese Scheibe auch keinen wirklichen Hit. Andererseits aber auch keinen wirklichen Ausfall, und insofern muß man "Stiff Upper Lip" durchaus als gelungen bezeichnen. Fans des simplen, schnörkellosen Hard Rock haben diese Scheibe wahrscheinlich eh schon im Schrank stehen, bevor es diesen Review zu lesen gibt - wer allerdings etwas Anspruchsvolles sucht, ist bei AC/DC vollkommen fehl am Platz.
Irgendwie weiß man gar nicht, was man von einer neuen Scheibe der
gepanzerten Heiligen erwarten soll. In der selben Besetzung wie 1991 ist das
Quintett an den Start gegangen, und das erinnert vehement an einige nicht
ganz so gelungene Comebacks der jüngeren Vergangenheit, wie etwa von
WHIPLASH (zwar gut, aber erfolglos), EXODUS (ohne neue Ideen), oder auch
OMEN (ergänzt durch den Sohn des Hauptsongwriters, aber trotzdem schwach).
Den Jungs aus Kalifornien jetzt irgendwelche finanziellen Hintergedanken
unterstellen zu wollen, funktioniert jedoch nicht - schließlich
hatten John Bush bei ANTHRAX oder Joey Vera bei diversen Projekten (unter
anderem FATES WARNING) durchaus ihr Auskommen. Dass andere Gründe
dahinterstecken, wird spätestens dann klar, wenn man sich die
überraschend frische und kraftvolle Mucke auf diesem Silberling zu
Gemüte führt. Viele Songs knüpfen nahtlos an die Hochzeit der
Band vor über zehn Jahren an, unter anderem der schnelle Opener
"Pay Dirt", das mit nun wirklich allen Trademarks der Combo
versehene "After Me, The Flood",
oder auch "What's Your Pleasure". Allerdings ...
der ein oder andere Lückenfüller wie zum Beispiel das nicht sehr
aufregende "Damaged" sind auch vertreten. Dennoch: Eine typische
ARMORED SAINT-Scheibe, die klingt, als habe es die letzten acht Jahre nicht
gegeben. Wer von den jüngeren Lesern ARMORED SAINT nun überhaupt
nicht kennt, dem sei als (entfernter) Vegleich etwa ICED EARTH genannt -
wenn auch das Duo Vera/Bush zusammen mit ihren Kollegen wohl nicht ganz die
songschreiberische Klasse eines Jon Schaffer für sich verbuchen
können, und im Übrigen auch nicht ganz so heftig zu Werke gehen.
Homepage: www.armoredsaint.com
Black Mark Records, die alte CEMETARY-Plattenfirma, hat schon so manche
hoffnungsvolle Combo auf dem Gewissen, wie etwa LAKE OF TEARS oder
MORGANA LEFAY (wobei letztere ja nicht wirklich totzukriegen sind).
Auch CEMETARYs letztes Album mit einer mageren halben Stunde Spielzeit
war schon geprägt von dem Ärger mit Black Mark, so dass
Matthias Lodmalm und seine Mannen nun die Konsequenzen gezogen haben und
mit leicht abgeändertem Namen in den Century Media-Stall gewechselt
sind. Und das Bemerkenswerte an der ganzen Geschichte ist, dass die
musikalischen Auswirkungen minimal sind. "The Beast Divine"
ist typisch CEMETARY, wobei es auch auf dieser Scheibe eine graduelle
Weiterentwicklung gibt, die gerade groß genug ist, dass die
Band sich nicht selbst kopiert. Neben einem prinzipiell etwas höheren
Tempo wurde in diesem Fall die typische Düsternis ergänzt durch
einen Schuß Aggressivität, die sich vor allem im Opener
"Firewire" wie auch in "Antichrist 3000" bemerkbar
macht. Ansonsten beherrschen die bandtypischen Trademarks die Szenerie.
Lodmalms Stimme pendelt zwischen depressiven Tonlagen und einer
wuterfüllten Aggressivität (Anspieltip: "Sunset Grace")
und ist dabei - objektiv betrachtet - nach wie vor nicht als wirklich
gut zu bezeichnen. Die Instrumentalsektion unterstützt das Ganze mit
beinahe als schwungvoll zu bezeichnenden Melodien und Songstrukturen, die
CEMETARY von jeher einen Nischenplatz in dieser Sparte des harten Metal
gesichert haben. Soweit ich weiß, hat Matthias Lodmalm CEMETARY
mittlerweile endgültig ad acta gelegt, um sich ganz auf andere
Projekte zu konzentrieren. Sollte dies der Fall sein, so ist ihm
mit "The Beast Divine" nochmal eine Abschiedsvorstellung
gelungen, die ich nicht nur jedem Fan der Band, sondern allen Freunden
des kraftvollen Düstermetalls empfehlen kann. Zumal sich auf dieser
Scheibe - die zugegebenermaßen nicht ganz so schnell ins Ohr geht
wie die alten Sachen - kein einziger Ausfall befindet, sondern alle Songs
sich auf nahezu gleichmäßig hohem Niveau bewegen.
Homepage: www.interphase-online.com
Zunächst mal sollte ich vielleicht erwähnen, dass es sich hierbei
nicht um eine neue CD der deutschen CORVUS CORAX handelt, die bereits seit
über zehn Jahren aktiv sind und sich der mittelalterlichen
Spielmannsmusik verschrieben haben, sondern um das Debut einer amerikanischen
Black Metal-Kapelle. "After an exodus from the decay of New York City
to the vice ridden dungeons of San Francisco, across the wastelands of the
northern regions ..." Hm. Startet ja interessant, das Labelinfo. Man
mag einen solchen Satz jetzt als Promotion-Geschwätz der Plattenfirma
abtun, und in der Tat ist es schwierig, die spirituellen (oder was auch
immer) Hintergründe dieses Trios auszumachen, wenn kein Textblatt
beiliegt. Die Biographie schreibt weiter, dass es schon so manchen
Besetzungswechsel gab, weil die Musik oder der Background der Band
diversen Ex-Mitgliedern zu extrem gewesen sei, und dass einer der
(noch mitwirkenden) Musiker sich den "dunklen Künsten in
visueller und spiritueller Form" verschrieben habe. Naja. Dass die
Mucke dann unter "Pagan Symphonic Black Metal" läuft,
passt natürlich in dieses Bild und weckt Assoziationen zu manchen
ideologisch fehlentwickelten skandinavischen (und auch deutschen)
Black Metallern. Aber wie gesagt: ein Textblatt liegt nicht bei, und da man
das Gekreische des Sängers eh nicht versteht, muss ich mich hier
auf die Musik konzentrtieren. Diese ist gleichermaßen extrem und
abwechslungsreich, und entspricht genau dem, was man sich unter obiger
Klassifizierung vorstellt. Meistens scheppert und bratzt es ordentlich,
aber zwischendurch gibt es auch ruhigere, symphonische oder auch folkig
klingende Passagen, in denen Keyboards oder Akustikgitarren durchaus
gekonnt eingesetzt werden. Als musikalische Einflüsse werden Bands
wie ULVER und ARCTURUS genannt. Interessant ist wohl auch noch die Tatsache,
dass es die vier (!) richtigen Tracks des Albums auf über 40 Minuten
Spielzeit bringen. Ich kenne mich leider in diesem Metier
zu wenig aus, aber würde mal vermuten, dass CORVUS CORAX im
schwarzmetallischen Lager durchaus ihre Anhänger finden könnten.
Hier
(MP3.com) könnt ihr in zwei der Stücke mal reinhören.
Label-Webpage: www.DarkSymphonies.com
Zu seinen Wurzeln wollte Ronnie James Dio nach seinen letzten, doch etwas
schwächer ausgefallenen Alben zurück. Und das ist ihm - um es
direkt vorwegzunehmen - auch prinzipiell gelungen, wenn ich auch nicht
unbedingt die Euphorie manch anderer Kritiker teilen kann. "Magica"
enthält nämlich auch einige eher als zweitklassig zu bezeichnende
Songs. Andererseits fehlen aber auch einige wahre Perlen nicht, wie etwa
"Lord of the Last Day", "Fever Dreams", oder die
Halbballade "As long as it's not about Love". Etwas nervig sind die
futuristisch klingenden, mit verzerrter Stimme gesprochenen Übergänge
zwischen einigen Stücken: "Magica" ist nämlich ein
Konzeptalbum, dass - kurzgefaßt - eine Fantasy-Story vom
immerwährenden Kampf zwischen Gut und Böse erzählt. Aber das
sei dem Freund der halbstündigen Medleys (wie man sie live mitunter
zu hören bekommt) durchaus zugestanden, und eigentlich kann auch
jeder der Songs für sich allein betrachtet werden. Wahre DIO-Fans
werden jedenfalls an dieser Scheibe kaum vorbeikommen, da sie stilistisch
eben tatsächlich an die alten Klassiker erinnert. Dass sie deren
Klasse letztendlich nicht erreicht, sollte angesichts der Meisterwerke aus
DIOs Frühphase eigentlich niemanden verwundern. Potentielle Käufer
dürfen sich aber nicht von der langen Spielzeit täuschen lassen -
das 18-minütige "Magica Story" ist nur eine Erzählung
über die der Scheibe zugrunde liegende Story.
Homepage: www.ronniejamesdio.com
Eine ziemlich abgedrehte Scheibe - zumindest für den Normal-Metaller -
präsentieren uns die vier Kanadier von EMPYRIA. Wer mit Prog Metal
nix anzufangen weiß, sollte jetzt am besten gar nicht weiterlesen.
Allen anderen sei gesagt, dass "The Legacy", die dritte CD der
Band, kein regulärer Longplayer ist (was man aber auch schon anhand
der gerade mal sechs Songs - zzgl. Intro und "Hidden Track" -
und der kurzen 37 Minuten Spielzeit merkt). Vielmehr hat das Quartett den
Konzept-Song "The Lighter Side of Darkness", dessen drei Teile
auf den bisherigen zwei CDs zu finden waren, um einen vierten Teil
ergänzt und das Ganze als ein 25-minütiges Stück neu
eingespielt. Wer sich jetzt an FATES WARNING oder ähnliche Gesellen
erinnert fühlt, die auch schon solche Mega-Stücke komponiert
haben, liegt auch musikalisch nicht so ganz falsch. Allerdings wirken
EMPYRIA im Vergleich streckenweise härter, an anderen Stellen aber
auch abgedrehter, und man könnte fast sagen jazziger. Es ist also
sehr abwechslungsreich, das Ganze, und dürfte den Musikern unter
euch ein Leuchten in die Augen oder den Angstschweiß auf die Stirn
treiben - je nach eigenem Können. Womit auch klar sein dürfte,
dass die Jungs ihre Instrumente beherrschen. Mir persönlich ist es
zum Teil allerdings einfach zu progressiv und abgefahren. Die Mucke
enthält zu viele Breaks, zu viele instrumentelle Spielereien,
dafür aber zu wenig Eingängigkeit, so dass die Scheibe vermutlich
weitere 20 Durchläufe braucht, bevor ich mich tatsächlich mit
ihr anfreunden kann. Da helfen dann auch die recht straight gespielte
POLICE-Coverversion "Synchronicity II" und die Akustik-Ballade
"Years Behind" nicht mehr viel. Wer aber auf vertrackten
Prog Metal steht, dem kann man "The Legacy" durchaus zur
Annäherung an diese Band empfehlen.
Homepage: www.dreamwavemedia.com/empyria
(Label: Nightmare Records)
Es war eine Zeitlang ruhig um die Proggies von FATES WARNING, die nach wie vor
- und wohl auch für die Zukunft - als Trio dastehen (wenn auch
unterstützt von Session-Musikern) und die trotz ihrer langjährigen
Anwesenheit im Business immer noch nicht den ganz großen Durchbruch
geschafft haben. Zwar sagte mir Ray Alder im
Interview
zu
"A Pleasant Shade Of Gray",
dass der Band die Aussicht auf kommerziellen Erfolg (der sich ja doch nicht
einstellen werde) mittlerweile am Arsch vorbeigeht, aber einfach verleugnen
kann man die Gesetze des Marktes ja nun auch wieder nicht. Wie dem auch sei:
Im Hinblick auf jene Äußerung bin ich von "Disconnected"
positiv überrascht. FATES WARNING sind zwar keineswegs kommerziell
geworden, gehen aber wieder wesentlich songdienlicher zu Werke. Wobei ...
ganze fünf Machwerke hat man diesmal auf den Silberling gepackt
(zuzüglich Intro und Outro), die es zusammengenommen aber immerhin auf
knapp 50 Minuten bringen. Und darin liegt das eigentliche Kunststück der
Band: Dass eben diese fünf Songs in keinster Weise langatmig oder gar
langweilig wirken. Eröffnet wird der Reigen vom FW-typischen, aber
dennoch recht metallischen "One", geht über das
melodisch-depressive "Tired" über zum härteren und
qualitativ leicht abfallenden "Pieces Of Me", während das
dann folgende, balladeske "Something From Nothing" zehn
eingängige, aber dennoch interessante Musikminuten bietet. Den
Höhepunkt bildet jedoch mal wieder der letzte reguläre Track
"Still Remains", der mit seiner progressiven und melodischen
Dramatik und seinen 15 Minuten Dauer ein typisches FW-Epos darstellt.
Beinahe überflüssig zu erwähnen, dass das Outro
"Disconnected Part 2" auch als eigenständiger
Instrumentaltrack betrachtet werden kann und als solcher durchaus seine
Reize bietet. Textlich beschäftigt sich die Scheibe mit der Reflexion
einer Person über sich selbst, über Vergangenheit, Gegenwart,
Zukunft, und die Selbstfindung. Im Großen und Ganzen ist FATES WARNING
mit "Disconnected" ein kleines Meisterwerk gelungen, das nach wie
vor unkommerziell und progressiv ist, aber dennoch genug Struktur und
Melodie offenbart, um auch dem normalen Hardrocker gefallen zu können.
Well done, Jungs!
Homepage:
www.FatesWarning.com
(Label: Metal Blade)
"Jade" ist beileibe nicht der erste Output dieses Sextetts aus
dem Saarland - aber wohl der erste, der ihnen zu internationaler Bekanntheit
verhelfen dürfte. Aus diesem Gesichtspunkt hat man gerade noch
rechtzeitig den Namen gewechselt, sind doch Ende der Neunziger bereits
zwei CDs unter dem unsäglich langen Banner FLOWING TEARS & WITHERED
FLOWERS erschienen. Aber auch der verkürzte Name hört sich noch
traurig und düster genug an, um dem unbedarften Leser bzw. Zuhörer
direkt die Marschrichtung der Musik aufzuzeigen. Ich würde das Ganze
mal als düsterer Melancholic Rock umschreiben; andere
Journalisten haben die Worte "Gothic ohne Gothic-Klischees"
geprägt. Das Bemerkenswerte an der Musik von FLOWING TEARS ist zum
einen, dass das Ganze immer noch recht rockig klingt. Man verliert
sich also nicht in irgendwelchen schwülstigen Keyboard-Sümpfen,
sondern spielt immer mit klassischem Rock-Instrumentarium auf den Punkt,
und benutzt das Keyboard nur zur Abrundung des Sounds. Zum anderen hat
die Stimme von Sängerin Stefanie (die übrigens gerade mal
20 Lenze zählt) nichts mit dem Gesäusel irgendwelcher
Gothic-Engelchen gemein, sondern die Dame setzt die Lyrics mit einer
zwar kräftigen, aber dennoch tiefe Traurigkeit ausdrückenden
Stimme hervorragend um. Diese Stimme hat zudem den Effekt, dass sie
beim ersten Durchlauf der Platte sogar ein bißchen nervig wirkt,
und ihre ganze Wirkung erst nach einer gewissen Gewöhnungszeit
entfaltet. Und letztere benötigt dann auch die ganze Platte:
Nach dem ersten Hören habe ich sie noch enttäscht zur Seite
gelegt; letztendlich bin ich aber froh, ihr noch eine zweite und
dritte Chance gegeben zu haben.
Homepage: www.flowingtears.com
Auch THE GATHERING sind eine der Gruppen, deren letztes Album ("How To
Measure A Planet?") doch eher zwiespältig oder zumindest
gewöhnungsbedürftig rüberkamen. Die Frage, ob sich die
Holländer auf der neuen Scheibe wieder alten Tugenden zugewandt haben,
kann jedoch mit einem klaren "Jein" beantwortet werden.
"If_Then_Else" muß man nicht zugekifft, im abgedunkelten
Zimmer und in einem durch anhören - dennoch enthält sie viele
ruhige, atmosphärische Tracks (wie "Amity" oder das als
Halbballade durchgehende "Herbal Movement"), die die
eingeschlagene Richtung fortsetzen. Mit dem Opener "Rollercoaster"
oder auch "Shot To Pieces" befinden sich jedoch auch rockigere
Songs auf dem knapp einstündigen Silberling, die Erinnerungen an die
früheren Werke der Band (allerdings nicht die ganz frühen ...)
wachwerden lassen. Dennoch: Zu "Mandylion" oder "Nighttime
Birds" will das Quintett nicht zurück; diese Zeiten sind ein
für allemal passé. "If_Then_Else" hätte gut als
Bindeglied von "Nighttime Birds" und "How To Measure
A Planet?" getaugt; so bleibt die erfreuliche Erkenntnis, dass die
Combo nicht noch weiter abgedriftet ist, aber auch die Einsicht, dass
THE GATHERING anno 2000 keinen wirklichen Metal mehr machen. Fazit: Eine
Scheibe für ruhigere Momente im Leben.
Homepage: www.gathering.nl
Die Schweden von HAMMERFALL sind mittlerweile ein etablierter Act in der
True Metal-Szene. Ich weiß - es gibt viele, die diese Kategorisierung
nicht mögen oder einfach albern finden, aber sie paßt zu dieser
Musik wie der berühmte Arsch auf den Eimer. Eigentlich definiert die
heutige Musik von HAMMERFALL den Begriff "Heavy Metal" in genau der
Art und Weise, wie es die Mucke von etwa JUDAS PRIEST oder IRON MAIDEN vor
über 20 Jahren getan hat, nur versteht man unter Heavy Metal
heutzutage (im Gegensatz zu damals) ein Sammelsurium von Stilen, die teilweise
gar nicht mehr viel mit dem zu tun hat, was seinerzeit als "New Wave of
British Heavy Metal" die harte Musikszene aufwirbelte und letztendlich
sogar Einzug in die Charts fand. Daher bleiben wir hier einfach mal beim
Begriff "True Metal".
Nun aber zur Sache! Nehmen wir die Negativ-Aspekte des Albums gleich vorweg:
Zum einen weiß der geneigte Hörer vor dem Kauf dieser CD eigentlich
schon, was er zu hören bekommt. Überraschungen? Fehlanzeige. Zum
anderen wird man auf "Renegade" nach so erfrischenden Songs wie
"The Dragon Lies Bleeding" oder "Hammerfall" vom Erstling
vergeblich suchen. Aber sonst ist eigentlich alles im grünen Bereich.
Von ein bis zwei schwächeren Stücken abgesehen, bewegen sich alle
Songs auf oberstem Niveau, von Stampfern wie "Templars Of Steel"
über Uptempo-Nummern ("Keep The Flame Burning") bis hin zu
der schönen, von einer verflossenen Liebe handelnden Ballade
"Always Will Be" (mal abgesehen von dem lächerlichen
"Nah-Nah-Na" - da hätte man sich noch eine Textzeile mehr
einfallen lassen können). Die Produktion des Silberlings ist über
jeden Zweifel erhaben, und den Zweiflern an Oscar Dronjak's spielerischen
Fähigkeiten sei gesagt, dass Stefan Elmgren sowieso der fähigere
Gitarrist ist (wovon sich jeder bei den Live-Konzerten der Band
überzeugen kann), was aber auch nichts daran ändert, dass Oscar als
Hauptsongwriter wesentlich für die Musik und damit den Erfolg dieser
Band verantwortlich ist. Desweiteren ist zu erwähnen, dass Joacim
Cans merklich an seiner Stimme gearbeitet hat. "Renegade" ist also
ein geradezu vorbildliches Metal-Album geworden. Die Band hat - um zum
Abschluß zu kommen - ihren eigenene Stil gefunden, ausgearbeitet und
perfektioniert, und kann vermutlich zwanzig Jahre so weitermachen und dabei
- zu Recht - Erfolg haben. Mir persönlich wäre aber die ein oder
andere Weiterentwicklung oder Überraschung auf den zukünftigen
Alben ganz willkommen.
Homepage:
www.Hammerfall.net
An HIM scheiden sich die Geister. Zwar ist bei den Gegnern der finnischen
Senkrechtstarter zu 80 Prozent Neid im Spiel, wie es zum Beispiel auch
bei HAMMERFALL oder NIGHTWISH der Fall war - ebenfalls Bands, die binnen
kürzester Zeit aus dem Nichts heraus einen beachtlichen Bekanntheitsgrad
erreichten - dennoch sind die Argumente der HIM-Gegner offensichtlich:
tuntiges Gehabe (nicht nur das Cover, sondern auch die Live-Präsentation,
mit Netzhemd und so ...), poppige Songs, Eunuchenstimme und so weiter.
Aber was zählt, ist die Musik, und da muß ich HIM dasselbe
Kompliment machen, das beispielsweise auch RAMMSTEIN seinerzeit erhielten:
den eigenen Stil gefunden und diesen auf dem Zweitwerk konsequent verfeinert
und ausgebaut zu haben. Klar: HIM gehen keinerlei Experimente ein, paaren
ultraeingängige Melodien mit Villes schmachtender Stimme, so dass
durchaus als poppig-schnulzig zu bezeichnende Songs herauskommen
("Join Me In Death", "Gone With The Sin"). Aber die
kompromißlose Vermarktung dieses Stils seitens der Plattenfirma und die
Tatsache, dass weibliche Teenies auf die Band stehen und bei Villes Anblick
schonmal feuchte Höschen bekommen, sind alleine noch kein Grund, das Ganze
schlecht zu finden. Vielmehr muß man eingestehen, dass, wenn die Band
denn mal etwas härter zu Werke geht, wie etwa im Opener "Love You
(Prelude To Tragedy)" oder in "Right Here In My Arms", die
eingängige Melodielinie das Stück zu dem macht, was es ist,
nämlich einem potentiellen Hit, der auch in Tanzschuppen seine Klientel
finden wird. Gut, Heavy Metal gibt's auf diesem Silberling natürlich
nicht zu hören, aber wer auf melancholischen, teilweise klavieruntermalten
oder ins poppige abdriftenden Rock steht, wird den Kauf dieser Scheibe
vermutlich nicht bereuen.
Offizielle Homepage: www.heartagram.com
(Eine inoffizielle, aber vielleicht informativere Seite findet ihr unter
www.JoinHim.de)
Aus dem Ruhrpott stammen INSANIA, die bereits seit 1988 aktiv sind und seitdem
durch zwei Demos, drei CDs und wohl etliche Live-Auftritte von sich reden
gemacht haben. Mit "Fear" liegt nun der vierte Silberling der
vierköpfigen Truppe vor, und auch wenn man - wie wohl fast jede Band -
nicht gegen Besetzungswechsel gefeit war, so hört man der Scheibe die
langjährige Erfahrung klar an. Fraglich bleibt mir, wieso viele
unbekanntere Bands - zu denen ich INSANIA auch zähle - durch diverse
technische Spielereien beweisen müssen, dass sie ihre Instrumente
beherrschen, anstatt sich voll und ganz auf das Songwriting zu konzentrieren;
zum Glück übertreiben es INSANIA mit ersterem dann doch nicht so.
Die Musik (Achtung: 80er-Jahre-Hasser brauchen hier eigentlich gar nicht
weiterzulesen) greift viele Stilelemente der 80er auf und läßt
sich mit Hard Rock vermutlich besser beschreiben als mit
Heavy Metal. Dass man sich selber auch gerne in dieser Sparte einordnet,
wird nicht zuletzt durch den eher selten gecoverten Track "Is There
Anybody There?" aus der stärksten Phase der SCORPIONS untermauert.
Dennoch mischt man auch eindeutige Metal-Elemente, die vielleicht an
BLIND GUARDIAN oder METALLICA erinnern, unter den Sound.
Im Großen und Ganzen ist die Mucke jedoch zu eigenständig und
vielseitig, um mit nur einer bestimmten Combo des Genres verglichen zu werden.
Zu erwähnen ist
letztendlich noch, dass die Produktion eigentlich kaum Wünsche offen
läßt. Fazit: Eine ansprechende Scheibe, in die Freunde
hardrockigerer Klänge durchaus mal reinhören sollten.
Kontakt über STF Records, Robertstr. 82, 44809 Dortmund (Germany),
Tel: +49-234-5840347, www.stf-records.de.
Homepage: www.insania-metal.de
Als "Symphonic Dark Metal" bezeichnet das Labelinfo die Musik dieses
bereits seit 1996 existierenden Trios, das mit "The Tears Of Odin's
Fallen" nunmehr ihren dritten Release (davon zwei Full-Length-CDs)
vorlegt. Was dabei "symphonisch" bedeutet, weiß ich auch
nicht so recht, aber düster isses allemal. Im Zeitlupentempo kriechen
die dunklen und äußerst spärlich instrumentierten, im Schnitt
acht bis zehn Minuten langen Kompositionen aus den Boxen - und verhungern
dann leider, bevor sie das Ohr des Hörers erreichen. Zwar haben die
musikalischen Zutaten der Musik durchaus ihre Reize, wie etwa am Anfang
von "Neolythe" oder in dem knapp zwanzigminütigen
"The Unknown God" klar wird. Letzterer ist eine richtig
bösartige, düstere Kultnummer mit Grunzgesang und darf als
absolut friedhofskompatibel gelten. Ansonsten bilden aber mehrstimmige,
teils in Sprechgesang oder Gejaule abdriftende Gesänge einen
Hauptbestandteil der Stücke, und leider sind hierbei alle Stimmlagen
(mal abgesehen vom Gegrunze) dermaßen erbärmlich umgesetzt, dass
sie die teilweise nur rudimentär funktionierenden Songs vollends
zerstören. Nee Leute, so nicht: Der weibliche Gesang ist vermutlich
der schlechteste der gesamten Metal-Szene, der Tenor ist mit
"schwachbrüstig" noch am besten umschrieben, und ansonsten
tut sich auf dem Sektor Gesang auch nicht mehr viel. Wie gesagt: Instrumentell
sind die Grundlagen vorhanden, unter anderem klingen die Keyboards
stellenweise recht ansprechend. Aber neben dem schwachen Gesang gibt es
auch noch deutliche kompositorische Schwächen.
Wenn man die musikalischen Grundbestandteile richtig zusammensetzen und sich
auf Grunzvocals beschränken würde, könnte man mit einem
der nächsten Alben vielleicht etwas erreichen. Aber so?
Die drei sollten sich mal
NOX MORTIS
anhören, welche vielleicht eine ähnliche Zielgruppe ansprechen,
aber ihre Sache deutlich besser machen.
Die Band hat
eine Seite bei mp3.com, wo ihr in zwei der Stücke mal
reinhören könnt. Oder hier downloaden:
"Blood of Steel" (7.7MB) und
"Blood of my Fathers" (9.2MB) im mp3-Format.
Homepage: www.njrocks.com/lws//pages/LWSintro.html
(Label: Dark Symphonies)
Laut Labelinfo lehnt sich das musikalische Konzept von LOVE HISTORY an
den Indianerstamm der Anasazi an, welche nicht nur dem zweiten Longplayer
der tschechischen Combo seinen Titel gaben, sondern auch "in perfekter
Harmonie mit der Natur und ihrer Umgebung lebten". Naja, diese perfekte
Harmonie läßt sich wohl weniger auf eine wie auch immer geartete
Spiritualität als vielmehr darauf zurückführen, dass sich
die Anasazi (welche bis zum 15. Jahrhundert im Südwesten der USA,
besonders in Neu-Mexico, lebten, neben den Hohokam zu den ältesten
nordamerikanischen Indianerkulturen gehörten und sich vor allem durch
ihre Felsenwohnungen auszeichneten) an ihre Umgebung anzupassen wußten
und nicht die selbstzerstörerischen Möglichkeiten hatten, die den
heutigen Indianern zur Verfügung stehen: die Indianerjungen, die
heutzutage durch die Prärie reiten, lauschen eher ihrem Walkman als
den Klängen der Natur. Aber wie dem auch sei: Nicht weniger als
vier Gesangstimmen machen sich auf diesem Album breit, und das ist
eigentlich etwas zuviel, da eine davon (welche wir mal "opernhaft"
nennen wollen) nun leider gar nicht zur Musik paßt, die man
wohl am besten als technisch versierten Avantgarde-Death-Metal bezeichnet.
Obwohl nur im mittleren Geschwindigkeitsbereich angesiedelt, geht es
klangmäßig recht oft recht heftig zur Sache, allerdings nicht
ohne die Scheibe durch mittelalterliche Klänge (etwa im Instrumental
"Korbel") oder gar Flamenco-Einflüsse ("Masterless")
aufzulockern. Die Scheibe besitzt also einen gewissen Abwechslungsreichtum,
der allerdings nicht nur Vorteile besitzt, da es bisweilen den Anschein
hat, als haben LOVE HISTORY einfach noch nicht so ganz ihren eigenen
Stil gefunden. In spieltechnischer Hinsicht dagegen ist das Sextett
über jeden Zweifel erhaben, und wer sich von einer Band in der
Schnittmenge von CELTIC FROST, IN FLAMES und todesmetallischen Klängen
angesprochen fühlt, sollte die Scheibe durchaus mal antesten.
Homepage: www.theendrecords.com/html/lovehistory.html
(Label: The End Records)
"Wishmaster" ist bereits der dritte Longplayer der finnischen
Senkrechtstarter, und großartige Stiländerungen wird man hier
- genau wie auf dem Vorgänger - nicht vorfinden. Warum auch? Die Band
hat ihren eigenen, offenbar recht erfolgreichen Stil, den man bestenfalls
mit anderen Melodic Power Metal-Kapellen wie etwa STRATOVARIUS oder EDGUY
vergleichen könnte, wenn .. ja wenn da nicht Tarjas Stimme wäre,
die NIGHTWISH noch einmal eine Sonderstellung in diesem Genre einbringt.
Und so ist es logischerweise auch diese Stimme, die sich immer mehr zum
opernhaften hinbewegt und damit auch Abstand schafft zu vergleichbaren
Bands. In der Musik selber ist auch eine gewisse - allerdings recht
verhaltene - Weiterentwicklung festzustellen, indem die romantischeren,
düstereren Parts, die den Erstling "Angels Fall First" noch
mitgeprägt haben, mittlerweile völlig zugunsten einer geradezu
klassischen Metal-Ausrichtung aufgegeben wurden. Und da liegt auch mein
Kritikpunkt an der Entwicklung von NIGHTWISH, deren neuere Sachen zwar
spieltechnisch deutlich besser sind als älteres Material, aber ein
bestimmtes Flair dafür vermissen lassen und ihre Anziehungskraft
nahezu aussschließlich aus Tarjas Sangesleistung schöpfen. Und
auch wenn "Wishmaster" eine Reihe guter Songs enthält, wie
etwa "FantasMic" oder das schnelle "Crownless", ziehe
ich die ersten beiden Longplayer vor.
Homepage: www.Nightwish.com
Dieses Quintett (inklusive einer recht hübschen Bassistin ...) besteht
seit 1992, und legt mit "The Knowing" bereits seinen dritten
Longplayer vor. Und hätte man nicht das Labelinfo in den Händen,
würde man kaum vermuten, dass die Truppe aus Chicago stammt, denn
NOVEMBERS DOOM klingen ausgesprochen europäisch. Genauer gesagt: Britisch
mit ein bißchen Norwegisch. Neben einigen anderen Passagen erinnert
vor allem der Opener "Awaken" - bis auf den männlichen
Leadgesang - an typische Songs der legendären THE 3RD AND THE MORTAL,
bevor im zweiten Song der Scheibe die eigentliche Marschrichtung
offenkundig wird, und die zielt halt Richtung Großbritannien.
NOVEMBERS DOOM verarbeiten gekonnt Einflüsse alter (!) PARADISE LOST,
aber auch von MY DYING BRIDE oder sogar ANATHEMA. Dementsprechend
abwechslungsreich klingt dann auch das Endergebnis - eine düstere
Melange aus Doom, Gothic und bisweilen auch Death Metal-Elementen empfängt
den unvorbereiteten Hörer dieses über 60 Minuten langen Silberlings.
Aber neben der ganzen Düsternis klingt auch ein wenig Optimismus
aus der Musik, und der ist bei den Qualitäten dieser Band auch durchaus
angebracht. Zwar erscheint die Scheibe beim ersten Hören aufgrund des
Abwechslungsreichtums etwas konzeptionslos, aber das legt sich während
der nächsten paar Durchläufe, wenn sich die Bestandteile zu einem
Ganzen fügen. Daumen hoch für NOVEMBERS DOOM.
Homepage: www.novembersdoom.com
(Label: Dark Symphonies)
Aus Griechenland - genauer: Athen - kommt dieses Sextett, welches mit
"Deceitful Melody" bereits seinen zweiten vollständigen
Longplayer vorlegt. Und einen gewissen "griechischen Touch"
scheint man dem Album auch anzuhören. Das heißt jetzt nicht,
dass die Combo, die sich neben den beiden brüllenden und grunzenden
Gitarristen gesanglich durch eine opernhafte Frauenstimme auszeichnet,
lospoltert wie ROTTING CHRIST oder ähnliche Gesellen. Vielmehr hat
man sich dem melodisch-orchestralen Dark Metal verschrieben. Bei der
Plattenfirma heißt das ganze dann "Neoclassical Romantic
Metal" - doch auch mit dieser Umschreibung wird der geneigte
Leser vielleicht nicht allzu viel anzufangen wissen, daher seien hier
einige Vergleiche genannt:
Stellenweise klingt es nach typisch osteuropäischem Gothic Metal
a la UNDISH, aber in Passagen, in denen man sich auf die Frauenstimme
beschränkt und die Arrangements etwas bombastischer ausfallen,
kann man auch Ähnlichkeiten zu den finnischen Überfliegern
NIGHTWISH feststellen. Und sobald Grunzgesang und harte Gitarren im
Vordergrund stehen, fühlt man sich dann doch an oben erwähnte
ROTTING CHRIST (zu deren besseren Zeiten allerdings) erinnert. Das alles
läßt schon ahnen, dass ODES OF ECSTASY hier ein ziemlich
abwechslungsreiches und buntes Album hingelegt haben, welches sich
tatsächlich irgendwo zwischen Gothic, Dark und True Metal bewegt
und in dieser Mixtur auch durchaus überzeugen kann. Zugegeben:
songschreiberische Schwächen sind schon noch vorhanden, aber wenn
die Band es schafft, ihre Stilvielfalt zu verfeinern und so ihre eigene
Nische zu finden, kann sie auf internationalem Niveau ohne weiteres
mithalten.
Homepage: www.theendrecords.com/html/odes
(Label: The End Records)
"Italian Epic Hollywood Metal" nennt sich diese Musik nach eigener
Aussage der Band. Oder zumindest steht's so im Booklet dieser CD. Wenn man
sich dieses - durchaus sehenswerte - Booklet so zu Gemüte führt,
hat man jedoch den Anschein, die Italiener hätten in der Klassifizierung
ihrer Musik das Attribut "Fantasy" vergessen. So handeln die Texte
der Scheibe von irgendwelchem Fantasy-Krempel, die zugrundeliegende Story
wird auch gleich noch mit abgedruckt, sowie eine Landkarte, damit man sich
in RHADPSODY's Fantasy-Story auch zurechtfindet. Das ist ja alles schön
und gut, wenn die Jungs die Fanschar nicht mit ihren Promofotos, auf denen
neben den Musikern auch Zwerge, Gnome und ähnliche
Gesellen abgelichtet sind, in zwei Lager spalten würden: die einen
finden's kultig und konsequent, die anderen einfach nur lächerlich.
Da ich mich persönlich noch nicht für eine Richtung entschieden
habe, kommen wir jetzt erstmal zur Musik: Die bietet nämlich genau die
Kost, die man nach den zwei bisherigen Alben erwarten durfte. Eine Art
von Melodic Power Metal, die irgendwo zwischen HAMMERFALL und STRATOVARIUS
verwurzelt ist, aber noch durch eine gute Portion klassischer
Instrumentierung (also Geigen und so Zeugs) sowie die oft
mehrstimmigen, orchestralen Chori angereichert wird. Das mag sich für
Puristen jetzt eigentlich alles schon viel zu überproduziert
anhören - ist es irgendwo auch, aber ich find's gut.
Label-Webpage: www.limb-music.de
Also so ganz sicher bin ich mir ja nicht, ob ich die von dem griechischen
Fünfer eingeschlagene Richtung gut finden soll. War ich von ihrem
Meisterwerk "A Dead Poem" noch ziemlich begeistert, so fielen
meine Reaktionen auf das letztjährige Album "Sleep Of The
Angels" schon deutlich zurückhaltender aus. Rückblickend und
im direkten Vergleich mit der neuen Scheibe schneidet jedoch gerade dieses
Album gar nicht mal so schlecht ab. Um es auf den Punkt zu bringen:
ROTTING CHRIST sind mal wieder einen Tick härter und extremer
geworden. Für wahre Knüppelfans isses natürlich immer noch
nix, aber die superben Gitarrenmelodien früherer Jahre sind noch rarer
geworden und haben aggressiveren Passagen Platz gemacht. Das heißt
jetzt natürlich nicht, dass "Khronos" ein schlechtes Album
wäre - es reicht allemal, um die nach wie vor vorhandene Stellung von
ROTTING CHRIST in der Oberliga des gitarrenorientierten, melodischen
Düstermetalls zu unterstreichen. Aber im Vergleich zu anderen Bands,
die sich dieser Spielart verschrieben haben (etwa IN FLAMES), dauert es
bei den Griechen von Platte zu Platte länger, bis sich die Songs beim
Hörer eingeprägt haben und in der Lage sind, die Feinheiten der
Musik zu offenbaren. So ist es auch diesmal, was mich aber letztendlich
dann doch nicht daran hindern kann, mich (in der
optimistischen Gewißheit, dass mir die Scheibe in ein bis zwei
Jahren gut gefallen wird) noch zu einem
überdurchschnittlichen Gesamturteil hinreißen zu lassen.
Homepage: rchrist.conxion.gr
Die Finnen um Gitarrenhexer Timo Tolkki gehören zu den melodischsten
(um nicht zu sagen kommerziellsten) Bands aus der Power Metal-Sparte.
Vermutlich würden viele die Mucke auch lieber unter Melodic Metal
eingeordnet wissen. Wie dem auch sei: Viel hat sich bei dem Quintett aus dem
hohen Norden Europas im Vergleich zu früheren Veröffentlichungen
nicht getan. Während Timo selbst seine unbestrittenen Fähigkeiten
an der Axt vor allem in den Soli unter Beweis stellt, werden die Songs selbst
durch die Keyboards oder den hohen Gesang geprägt. Nicht zu vergessen
das beinahe unverwechselbare Schlagzeugspiel von Jörg Michael, der vor
allem den schnellen Stücken wie "Millennium" oder
"Freedom" den letzten Kick gibt. Dennoch beschränkt man sich
nicht auf speediges Material; man kann der Band vielmehr aufgrund der zwei
Balladen und der reichlich vorhandenen Midtempo-Songs einen etwas
größeren Abwechslungsreichtum als in früheren Jahren
bescheinigen. Und das ist auch gut so, da die Songstrukturen selbst
meistens recht einfach gehalten sind (ihr wisst schon:
Strophe-Refrain-Strophe-Refrain-usw.) und sich daher wohl auch die
Langzeitwirkung der einzelnen Songs in Grenzen hält. Aber durch ihre
musikalische Bandbreite schaffen STRATOVARIUS dann doch wieder gekonnt den
Spagat zwischen Melodie und Speed, zwischen balladesken Tönen und
Heavyness, und nehmen in ihrer Nische wohl nach wie vor eine
Sonderstellung ein. Zu erwähnen ist vielleicht noch, dass es die
Scheibe für ein paar Mark mehr in einer schmucken Box mit Bonus-CD
gibt, und dass sowohl Produktion wie auch Cover-Artwork mal wieder
über jeden Zweifel erhaben sind.
Homepage: www.stratovarius.com
Schlug schon "Aégis" deutlich andere Wege ein als die ersten
beiden Longplayer der Norweger, so kommt es mit vorliegendem Machwerk nun
zu einem endgültigen Stilbruch. Vorbei ist es mit den rauhen, beinahe
Death Metal-artigen Gitarrenriffs der Anfangstage, und mit Grunzgesang hat
Sänger Raymond auch nix mehr am Hut. Dafür scheint sich der Gute
seit einiger Zeit sehr stark mit der Möglichkeit zu beschäftigen,
Musik auf elektronischem Wege zu erzeugen. Und davon wird dann auf
"Musique" auch ausgiebig Gebrauch gemacht - da erscheint es nur
logisch, dass eben diese Möglichkeiten auch ins textliche Konzept
der Scheibe einfließen. Die dazu passende Musik hat - das muss hier
klar gesagt werden - dann allerdings nichts mehr mit Heavy Metal zu tun,
sondern wird vielmehr durch den Begriff Elektro-Pop mit E-Gitarren
hinreichend beschrieben, wenn auch genannte E-Gitarren sich fast
ausschließlich in den Refrains der Songs auffinden lassen. Trotz
alldem würde ich die Scheibe als gelungen bezeichnen, da es sich
in gewisser Weise immer noch um eine Weiterentwicklung handelt und
darüberhinaus TOT ein solides Gespür für interessante
Melodien entwickelt haben, die fast jeden Song zu einem potenziellen Hit
machen - allen voran der Opener "Machine", aber auch Songs wie
"Commute" oder "Image" schlagen in diese Kerbe.
Einzig störend mag vielleicht die Tatsache sein, dass der männliche
Gesang durchweg futuristisch verzerrt ertönt, was aber vermutlich im
Rahmen des Gesamtkonzepts der Scheibe so gewollt ist. Dafür setzt
dann Liv Kristine ihre Stimme dank des deutlich gewachsenen Stimmvolumens
wesentlich variabler ein als früher. Fazit: Mit dieser Pop-Scheibe
haben TOT zwar das Thema (welches hier nun mal Hard Rock oder
Heavy Metal heißt) verfehlt und wohl auch einige alte Fans
vergrault, aber andererseits einen interessanten neuen Weg eingeschlagen
und damit vermutlich etliche neue Fans (wenn auch nicht aus dem Heavy-Bereich)
gewonnen.
Homepage: www.TheatreOfTragedy.com
Bei THERION frage ich mich eigentlich nach jeder regulären Platte, was
denn danach noch kommen soll, und wie Christofer Johnsson und seine Jungs
(und Mädels ...) das jeweils aktuelle Werk noch toppen wollen. Auch wenn
mir persönlich nach wie vor die "Theli" aus dem gesamten
THERION-Katalog am besten gefällt, so ist der Band mit "Deggial"
in gewisser Weise fraglos eine weitere Steigerung, oder zumindest eine
Weiterentwicklung gelungen. Während auf den letzten beiden Alben Klassik
und Metal sehr eng miteinander verwoben waren, gibt es diesmal wieder eine
leichte Aufspaltung: die Musik an sich geht wieder mehr Richtung Metal (aber
"klassischer" Heavy Metal, nicht der Death Metal der
THERION-Frühwerke), während der Gesang - oder besser: die
Gesänge - nun rein klassisch, um nicht zu sagen sakral daherkommen.
Klar gibt es auch klassische Ergänzungen der Musik selbst, allerdings
zurückhaltender als etwa auf "Vovin". Und mit
"Flesh Of The Gods" ist auch wieder ein Song enthalten, bei dem
durch Gastsänger Hansi Kürsch (BLIND GUARDIAN) recht
metalmäßig gesungen wird. Es ist hiermit eigentlich schon
klar, dass die Scheibe sehr abwechslungsreich ausgefallen ist. Der Opener
"Seven Secrets of the Sphinx" bringt zunächst alle heutigen
THERION-Trademarks auf den Punkt, bevor das ruhige "Ship of Luna"
oder der durch eigenwillige Sounds untermalte Titelsong Akzente setzen und
das kurze Instrumental "The Flight of the Lord of the Flies"
ganz ins Klassische abdriftet. Wer auf Chöre und/oder den Gesamtsound
der letzten zwei regulären THERION-Alben steht, wird auch an
"Deggial" seine Freude haben. Und nicht zuletzt muß man
THERION zugute halten, dass sie auch unter den Klassik und Metal
verschmelzenden Bands noch immer eine Sonderstellung einnehmen, die ihnen
wohl kaum einer streitig machen kann.
Homepage: www.MegaTherion.com
Viel hat sich nicht getan im Lager der Norweger und -innen. Die
auffälligste Veränderung - die man jedoch eher sieht als hört -
ist der Austausch der blonden Sängerin Anita gegen die brünette
Hege-Maria. Locker bleiben, Männer ;-) - die neue Frontfrau ist
mindestens genauso hübsch wie ihre Vorgängerin. Und auch wenn
die Dame sich beim Songwriting wohl noch zurückgehalten hat, gibt es dort
ebenso leichte Veränderungen zu bemerken. Zunächst mal sind die Songs
- rein statistisch gesehen - kürzer als auf der letzten Scheibe (mal
abgesehen vom Opener "The Flame of Wrath", der es immer noch
auf zehn Minuten bringt). Darüberhinaus hat sich der Schwerpunkt der
Musik vom Gothic (oder auch Dark Romantic) Metal in Richtung Black Metal
verschoben, soll heißen: die Songs werden in stärkerem Maße
als früher durch den männlichen Grunz- bzw. Kreischgesang
geprägt; einige Songs zeichnen sich durch richtig metallische Riffs
aus, und hin und wieder wird auch schonmal kräftig geknüppelt.
Okay, die Grundausrichtung ist dieselbe geblieben: TSOTB erinnern entfernt
an WITHIN TEMPTATION oder alte THEATRE OF TRAGEDY (ergänzt durch
die immer noch häufig eingesetzte Violine), aber es kommt eben noch
ein stärkerer Schuss Black Metal im Stile von etwa CRADLE OF FILTH
hinzu. So weit, so gut. Nachteil des Ganzen: Es bleibt ein nicht
unbeträchtlicher Teil der geheimnisvollen, ja geradezu mystischen
Atmosphäre, die
"Lake of Sorrow"
auszeichnete, auf der
Strecke. Die Band hat also quasi ihre musikalische Nische verlassen und
sich zu einer relativ normalen Gothic Black Metal Band entwickelt (wobei
ich "Black Metal" hier in erster Linie musikalisch und weniger
textlich verstanden wissen möchte). Demzufolge fehlen auf
"Perpetual Desolation" auch Songs der Extraklasse wie etwa
"Until The Dark", welche man sich stundenlang unterm
Kopfhörer reinziehen konnte. Meine Hoffnung für den nächsten
Longplayer ist, dass die Band sich der Elemente, die sie einzigartig machte,
bewußt wird und wieder einen Schritt zurück macht in ihrer
musikalischen Entwicklung, um nicht eines Tages im schwarzmetallischen
Mittelmaß zu versinken - da würde dann nämlich keine noch
so hübsche Sängerin mehr helfen. Kennzeichnend in diesem Sinne
ist auch die Coverversion von METALLICA's "The Thing That Should Not
Be", die wohl jede andere Black Metal-Kapelle genauso gut
hinbekommen hätte. Um jetzt nicht mißverstanden zu werden:
"Perpetual Desolation" ist beileibe kein schlechtes Album, kann
aber halt dem Vorgänger bei weitem nicht das Wasser reichen.
Hörproben: Auszüge von
Perpetual Desolation
und
The Mournful Euphony
im mp3-Format.
Homepage: www.tsotb.com
"Diesen Song kenn' ich!" schießt es mir bei den ersten Takten dieser Scheibe durch den Kopf. Aber woher? Aus dem US-amerikanischen Radioprogramm etwa? Das ist im Anbetracht des Ohrwurmcharakters des Openers "Farewell" zwar nicht ausgeschlossen, aber bei einer finnischen Band doch eher unwahrscheinlich. Dann vielleicht doch eher aus irgendeiner Bonner Kneipe oder dem CD-Player eines Kumpels. Fest steht, dass dieser Song zu jenen gehört, die sich Hit schimpfen dürfen, und die sich nach einmaligem Hören im Ohr und den Gehirnwindungen festsetzen. Unklar ist allerdings, wie oft jemand, der auf gitarrenorientierten Gothic Metal mit unwiderstehlichen Melodielinien und leicht näselndem Gesang steht, diesen Song hören wird, und ob er seinen Reiz irgendwann verliert. "Farewell" ist - um mal sachlich zu bleiben - nun auch der beste Song dieser knapp einstündigen CD, wenngleich einige andere, wie etwa "Mary-Ann" oder das SANDRA-Cover "In The Heat Of The Night" (bei dem die engagierte Gastsängerin übrigens die bessere Stimme hat im direkten Vergleich zu seinerzeit SANDRA) ebenfalls das Zeug zum Rockdisco-Feger haben. Um mal Klartext zu reden: Dies ist einer der besten Gothic Metal-Releases dieses bisher noch jungen Jahrtausends, der klasse Melodien und gitarrenlastige Härte gekonnt miteinander verbindet. Die Grundstimmung des Albums ist trotzdem recht melancholisch (und entspricht damit den Erwartungen der Gothic-Fans), aber nicht hoffnungslos. Ein Album, das die poppigen Gewässer, die etwa die neue H.I.M. auszeichen, souverän umschifft und sich dennoch kommerzielle Erfolgschancen ausrechnen darf.
Nach dem Release ihres selbstbetitelten (und später als
"Etwas kommt in deine Welt" wiederveröffentlichten)
Full-Length-Debuts
haben WEISSGLUT in der Szene ein wenig Staub aufgewirbelt, und zwar aufgrund
tatsächlicher oder gemutmaßter Verbindungen ihres Sängers
Josef-Maria Klumb zur rechten Szene. Dies ist aus zwei Gründen schade:
Erstens ging daneben die unbestreitbar gute Musik der Gruppe ziemlich
unter, und zweitens hat sich Klumbs Gedankenwelt (die meiner Meinung nach ja
auch immer noch seine Privatangelegenheit ist, solange sie sich nicht in
entsprechenden - und dann gesetzeswidrigen und daher unterbindbaren -
Taten äußert) in keinster Weise auf die textlichen Inhalte
besagter Scheibe
ausgewirkt, hatte also de facto nix mit der Band WEISSGLUT zu tun.
Wie dem auch sei: Der Mann wurde, da eine Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr
tragbar erschien (Vermutlich hat Sony gesagt: Entweder der Mann geht, oder die
ganze Band ...), kurzerhand vor die Tür gesetzt. Die Plattenfirma war
happy - der große Erfolg blieb indes aus. Letzteres liegt allerdings
nicht an Tom v.K., dem neuen Mann am Mikro, der seinem Vorgänger sowohl
stimmlich als auch was die Umsetzung der Texte angeht durchaus das Wasser
reichen kann. Überhaupt scheinen die vergangenen zwei Jahre bei WEISSGLUT
- trotz Sängerwechsel und vorhergehender
Anschuldigungen von Seiten der Presse und der selbsternannten Moralapostel
unter den Fans - keine Spuren hinterlassen zu haben. "Zeichen"
klingt genau so, wie der Nachfolger von "Weissglut" eigentlich
klingen muss. Die Band hat ihre Nische innerhalb der Neuen Deutschen
Härte - wenn man sie denn dort einordnen will - weiter ausgebaut,
die TYPE 0 NEGATIVE-Anklänge sind deutlich zurückgegangen, und man
bewegt sich nach wie vor irgendwo zwischen RAMMSTEIN und OOMPH!. Letzteres
gilt sowohl musikalisch als auch was die Texte angeht, die ein großes
Interpretationspotential besitzen und sich mit der dunklen Seelenwelt
irgendwelcher abstruser Charaktere beschäftigen, welche sich weder
zeitlich noch soziologisch einordnen lassen. Auch das Cover ist mit dem
Wort "abstrus" vermutlich am besten beschrieben und paßt
damit wunderbar zum Rest des Ganzen. Im Vergleich zum Erstling kann man
vielleicht bemerken, dass "Zeichen" etwas abwechslungsreicher
ausgefallen ist. Bei "Wie es niemals war" oder "Siehst du
die Zeichen" geht es auch mal etwas schneller zu Werke, während
"In mir" oder das auf Akustik-Gitarren basierende "Du hast
die Wahl" durchaus schon als Halbballaden durchgehen können.
Homepage: www.weissglut.de
(Label: Sony Music)
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